Osterbräuche im Alpenraum

Palmesel, Osterhasen und Weidenkätzchen: zum Staunen oder Nachmachen

Schenna, Südtirol: Ein süßer Osterzopf zum Fastenbrechen

In den meisten Südtiroler Regionen gehört zum Fastenbrechen am höchsten christlichen Feiertag auch ein Osterzopf. Denn erst nach 40 Tagen Enthaltsamkeit alljährlich von Aschermittwoch bis Gründonnerstag ist dem abendländischen Glauben nach das Naschen von süßen Leckereien wieder erlaubt. Darum wird Osterbrot auch meist gezuckert und als Höhepunkt des sonntäglichen Mahls zu Ehren der Auferstehung Christi serviert. Bis heute hält sich die Tradition, dass junge Gemeindemitglieder den Alten und Kranken am Karsamstag das herrlich duftende Gebäck vorbeibringen. Bäuerin Martha Thaler vom Zmailerhof in Schenna hat ihr ganz eigenes Rezept der Hefenascherei mit feiner Butter, Vanillearoma sowie Zitronenabrieb. Ihre Familie und Gäste des bereits mehrfach ausgezeichneten Hofschanks oberhalb der Gemeinde bei Meran erfreuen sich jedes Jahr zum Ende der Karwoche an der wohlschmeckenden Köstlichkeit. Das Osterbrot in Form eines Zopfes soll übrigens auf die Verflechtung zwischen Gott und den Menschen hindeuten.

Weitere Infos:
www.schenna.com

Rezept für zwei Osterzöpfe von Martha Thaler/Zmailerhof Schenna:

Zutaten
600 g Weizenmehl
80 g Zucker
30 g Hefe
70 g Butter
300 ml Milch
3 Eigelbe
1 Ei
2 EL Rum
1 TL Salz
1 TL Vanillezucker
Zitronenschale
1 Eigelb
etwas Hagelzucker

Zubereitung:

Die Hefe in der leicht erwärmten Milch auflösen, eine Prise Zucker hinzufügen und für circa 15 Minuten gehen lassen. In einer Schüssel Mehl, Zucker, Vanillezucker, in kleine Stücke geschnittene Butter, Ei, Eigelbe, Zitronenschale, Rum und Salz geben. Alles gut mit der aufgegangenen Hefemischung vermengen und mindestens 10 Minuten sorgfältig kneten, so dass ein glatter Teig entsteht. Diesen leicht mit Mehl bestäuben, mit einem Geschirrtuch zudecken und an einem warmen Ort erneut 30 Minuten gehen lassen, bis sich sein Volumen verdoppelt hat. Den Teig in 6 gleich große Stücke teilen, lange Stränge formen und daraus 2 Zöpfe flechten. Diese auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben, mit einem Geschirrtuch zudecken und nochmals zirka 30 Minuten gehen lassen. Die Zöpfe mit Eigelb bestreichen und Hagelzucker bestreuen. Anschließend im vorgeheizten Backrohr bei 180 Grad etwa 20 Minuten goldgelb backen.

Abb. Zmailerhof Schenna

Tessin, Schweiz: Lebendige Tradition und UNESCO-Kulturerbe

»In Mendrisio könnte man Weihnachten abschaffen. Aber würde jemand wagen, Ostern anzurühren, bräche eine Rebellion aus«, sagt Claudio Fontana, einer von fast 270 Darstellern der berühmten Tessiner Prozessionen. Die heiligen Umzüge am Gründonnerstag und Karfreitag gelten als einer der eindrücklichsten gelebten Bräuche der Schweiz, bei dem die Akteure in Originalkostümen aus der Mailänder Scala auftreten. Wer ehrenamtlich mitwirken möchte, wartet nicht selten ein Jahr auf seine Berufung. Zahlreiche Schaulustige nehmen weite Wege auf sich, um dem Kreuzzug Christi durch jenes Städtchen beizuwohnen, das die Einheimischen stolz »magnifico borgo« (prachtvoller Ort) nennen. Zum Spektakel gehören auch die »Trasparenti«, die zu Beginn der Karwoche in Mendrisios Altstadt entfaltet werden. Deren religiöse Motive auf durchsichtigem Stoff leuchten wie Lampions und tauchen die Stadt in ein magisches Licht. Die außergewöhnliche Konstruktion und Weitergabe dieses wissenschaftlichen Handwerks von Generation zu Generation war ein wesentliches Kriterium für die UNESCO, die Tessiner Osterprozessionen Ende 2019 zum »Immateriellen Kulturerbe der Menschheit« zu erklären. Ob die Umzüge am 1./2. April 2021 stattfinden, ist noch nicht entscheiden – doch wer mag, kann sich einige Eindrücke schon jetzt via YouTube ins Wohnzimmer holen. Seit 2017 gibt es in der Casa Croci zudem ein Museum, in dem Interessierte das jahrhundertealte Erbe des Mendrisiotto ganzjährig bestaunen können, darunter Transparente aus der Zeit vor 1792.

Weitere Infos:
www.ticino.ch

Abb. Ticino Turismo/Luca Crivelli

»Roter Hahn«, Südtirol: Eier als Liebesgeste und gefärbt mit reiner Natur

Osterbräuche haben auf den Bauernhöfen jenseits des Brenners eine jahrhundertealte Tradition. Am Gründonnerstag beispielsweise trifft sich die Familie zum gemeinsamen Eierfärben – aber bitte natürlich und ohne künstliche Zusätze. Die Bäuerinnen der Qualitätsmarke »Roter Hahn« wissen, wie man auch mit rein pflanzlichen Mitteln tolle Ergebnisse erzielt. Dass dabei nur Eier von glücklichen Hühnern aus Freilandhaltung zum Einsatz kommen, versteht sich von selbst. Am besten eignen sich hartgekochte weißschalige Exemplare, sie nehmen die Farben am optimalsten an. Frühlingsgrün etwa werden sie durch Spinat oder Petersilie, ein sattes Indigo erhalten sie mithilfe von Blau- oder Heidelbeeren. In Gelb erstrahlen Eier auf Basis von Safran oder Kamillenblüten, in leuchtendem Rot dank Roter Bete.

Sogar ein kräftiger Türkiston ist möglich, wird der Sud mit Rotkohl angesetzt. In Südtirol werden die bunten Köstlichkeiten am Karfreitag übrigens in Körbchen gepackt, um diese dann am Ostersamstag in der Kirche segnen zu lassen. Auf den Tisch kommen die geweihten Speisen aber erst nach dem Gottesdienst am Ostersonntag, wobei das sogenannte »Preisguffen« nicht fehlen darf: Dabei schlägt man zwei Ostereier gegeneinander. Wessen Ei nicht bricht, der gilt als Sieger. Damit auch die Kleinen ihren Spaß haben, dürfen sie sich im heimischen Bauerngarten auf die Suche nach den bunten Schätzen machen. In manchen Südtiroler Regionen wie Alta Badia dienen die farbenfrohen Gaben gar als Liebesbeweis. Junge Frauen beschenken dann jenen Mann mit bunten Ostereiern, den sie noch im selben Jahr heiraten wollen.

Infos und Rezepte unter:
www.roterhahn.it

Abb. »Roter Hahn«/Frieder Blickle

»Lebensspur Lech«, Allgäu: Segensreiche Palmboschen-Weihe

Entlang der »Lebensspur Lech« im bayerischen Allgäu gehört der Palmsonntag zu den gelebten religiösen Bräuchen und markiert als letzter Sonntag vor Ostern den Beginn der Karwoche. Dabei erinnern Gläubige und Kirche an den Einzug Jesu in Jerusalem. Mit Palmzweigen wurde er als Fürst des Friedens und der Gerechtigkeit geehrt. Aus Mangel an Palmen oder Olivenbäumen behalf man sich hierzulande mit immergrünen Gewächsen für die Herstellung der so genannten Palmbuschen oder -boschen. Dazu zählen unter anderem Buchs, Thuja, Tanne, Fichte, Weidenkätzchen, Eibe und Wacholder. Diese wurden an Holunder- oder Haselnussruten und einem Holzkreuz fixiert. Mithilfe der geweihten Gebinde sollte christlicher Segen für Haus und Hof erbeten werden. Vielerorts werden die Palmzweige noch heute vor dem Palmsonntags-Gottesdienst gegen eine kleine Spende angeboten, so zum Beispiel in der katholischen Stadtpfarrkirche St. Mang in Füssen (2021 nur auf Vorbestellung). Deren traditionelle Palmprozession durch die Reichenstraße in der Altstadt, bei der auch ein hölzerner Palmesel mitgeführt wird, fällt in diesem Jahr aus. Eigentlich aber gehört er fest in den Brauchtumskalender des süddeutschen Kneippkurorts.

Weitere Infos:
www.fuessen.de
www.lebensspur-lech.com

Abb. Allgäu GmbH/Bauernhofmuseum Illerbeuren

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